Universität zu Köln

Aus der PRAXIS für die PRAXIS

Im zweiten Band werden UK-Interventionen für alle Personengruppen mit UK-Bedarf und für alle Lebenslagen gesammelt. Jede Idee, jeder Ansatz wird auf der Basis einer gleichbleibenden Struktur auf 3-4 Buchseiten kurz vorgestellt, so dass die Leser:innen sich schnell orientieren können. Damit wird der Band 2 einen strukturierten Überblick über praxiserprobte Methoden bieten.

Könnten Sie sich vorstellen, einen Beitrag zu schreiben?

Wir würden uns über Ihre Ideen und Vorschläge freuen.
Auf dieser Seite finden Sie alle Informationen rund um die Einreichung von Vorschlägen.

Mit den besten Grüßen,
Jens Boenisch & Stefanie K. Sachse

Call for Interventionsideen

Einreichung

  • Bitte Template nutzen und ausfüllen
  • Kurzbeschreibung der Interventionen (max. 300 Wörter)
  • Bitte als Word-Datei an Mara Perings mailen: sekretariat-boenisch (at) uni-koeln.de
  • Deadline: 08.01.2025

Auswahlkriterien

Die Auswahl ist u.a. abhängig davon, wie gut, d.h., wie detailliert und begründet die Interventionen beschrieben werden. Können z.B. Angaben

  • zur Personengruppe (z.B. für welche Diagnosen, für welche Gruppe aus dem UK-Kontinuum),
  • zu den Interventionszielen und
  • zur Umsetzung (z.B. nach dem ABC-Modell) gemacht werden?

Es sind nicht nur „punktuelle Ideen“, sondern auch Konzepte oder Programme von Interesse. Gern auch zur Implementierung in Einrichtungen. Relevant ist auch, ob evtl. schon Erfahrungsberichte, Studien oder Wirksamkeitsnachweise vorliegen.

Der Versuch...

Die verschiedenen Interventionen sollen nach einem einheitlichen Schema vorgestellt werden. Dabei ist es hilfreich, wenn eine einheitliche Systematik zugrunde gelegt wird. So wird es einfacher, verschiedene Interventionen vergleichbar zu beschreiben.

Wenn Angaben z.B. zur Personengruppe, zum Vorgehen bei der Planung und Umsetzung oder zum Evidenzlevel gemacht werden, würden wir die Orientierung an folgenden Quellen/ Ressourcen begrüßen:

  • UK-Kontinuum und
  • Interventionszielen (z.B. aus demGoalsGrid),
  • Vorgehen nach dem ABC-Modell,
  • vereinfachte Einschätzung der Evidenzlevel.

Sie finden hier weitere Hinweise zu diesen Quellen und Ressourcen.

Einheitliches Schema mit einem Beispiel

Beispiel

Fokuswörter in der UK

Für das Beispiel Fokuswörter

  • Kinder und Jugendliche mit cerebralen Bewegungsstörungen, Downsyndrom, ASS etc.
  • vorrangig Kinder und Jugendliche, eher zu Beginn der UK-Interventionen
  • Einordnung nach dem UK-Kontinuum: abhängig und moderiert

Beispiel Fokuswörter

Modelling von Kernvokabular stellt für viele Bezugspersonen eine große Herausforderung dar. Gleichzeitig ist das Mitnutzen der Kommunikationsformen grundlegend wichtig in der UK-Förderung (► pädagogische Förderung), um den „UK-Wortschatz“ der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen zu erweitern und den Einsatz im Alltag zu lernen. Aus diesem Grund wurde das Fokuswörterkonzept entwickelt (Sachse & Willke, 2011). Die Idee ist, dass immer ein paar wenige Wörter ›im Fokus‹ der Förderung stehen und verstärkt mitgenutzt werden…

Beispiele zur Umsetzung

Die Interventionen im Alltag werden in Anlehnung an das Vorgehen mit dem ABC-Modell geplant. Ausgehend von bestimmten Situationen und Aktivitäten, bei denen die Kinder und Jugendlichen mehr mitbestimmen und ausdrücken könnten, wird überlegt, wie die Bereiche der kommunikativen Kompetenz gefördert und was die Bezugspersonen unterstützend tun können. Nach ca. 6 Wochen gibt es im Team einen Austausch, was funktioniert hat und wie die Förderung weitergestaltet wird (control & continue).

  • Mika (10) nutzt seine Kommunikationshilfe (9 Felder, u.a. mit den Wörtern 'nochmal, fertig, nicht', siehe Fokuswörterreihe 1) bisher kaum, daher werden Situationen und Aktivitäten gesucht, in denen das Umfeld die Nutzung der Kommunikationshilfe gezielt modeln kann. Beim Krabbeln, Schaukeln, Haare kämmen usw. wird die jeweilige Aktivität wiederholt pausiert, um Mika die Möglichkeit zu geben, 'nochmal' einzufordern oder zu sagen, dass er 'fertig' ist (Interventionsziele: Nutzung der Kommunikationshilfe, linguistische und operationale Fähigkeiten).
  • Cem (7) nutzt eine Kommunikationshilfe mit ca. 300 Wörtern. Das Team orientiert sich an den Fokuswörterreihen, im Moment werden Wörter aus der Fokuswörterreihe 6  ('das, sein/ist, da, weg') verstärkt gemodelt. Bisher nutzt Cem allerdings nur Einwortäußerungen. U.a. in Vorlesesituationen sollen Mehrwortäußerungen modelliert werden (Interventionsziele: linguistische, operationale und strategische Fähigkeiten). Cems Lieblingsbücher sind aktuell Suchbücher wie 'Kleine Ente, wo bist du'. Für die Bezugspersonen werden 'Spickzettel mit Tastenkombinationen' vorbereitet, so dass sie beim gemeinsamen Anschauen Formulierungen wie 'Wo ist sie', 'Ist sie da?', 'Sie ist weg', 'Da ist sie auch nicht' nutzen können. Während der Planung wird auch überlegt, in welchen anderen Situationen diese Formulierungen noch genutzt werden können (eine Socke ist weg: Sie ist weg., eine Mitschüler nicht da: Sie ist nicht da. usw.) 
  • Z.B. Unterstützung rezeptiver Fähigkeiten, sowohl lautsprachlich als auch in Bezug auf den Input mit den eingesetzten Kommunikationsformen;
  • linguistische Fähigkeiten: Wortschatzerweiterung, syntaktische Fähigkeiten: flexible Kombination der Wörter;
  • operationale Fähigkeiten: Ausführung der Gebärden, Finden der Wörter auf den Kommunikationshilfen;
  • soziale/pragmatische Fähigkeiten: Nutzung im Alltag, verschiedene Kommunikationsfunktionen werden berücksichtigt;
  • Peers und Gesprächspartner:innen werden unterstützt/ angeleitet, um im Alltag modeln zu können

Beispiel Fokuswörter

Für die Arbeit mit der deutschen Fokuswörterliste gibt es keine empirischen Wirksamkeitsnachweise. Allerdings liegen verschiedene Studien und systematische Reviews zum Nachweis der Wirksamkeit des Modellings vor. Z.B. Sennott et al., 2016: dieser systematische Reviews zeigt positive Auswirkungen auf die pragmatischen, semantischen und syntaktischen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen, die als 'beginning communicators' bzeeichnet werden) (Evidenzlevel 1) ...

Darüber hinaus belegt z.B. ein systematischer Review, dass Eltern und Assistenz durch Anleitung in Bezug auf Partnerstrategien wie Modelling und Hinweise positive Auswirkungen auf den UK-Einsatz der Kinder und Jugendlichen haben (Shire & Jones, 2015) (Evidenzlevel 1) ...

Die Studie von Deckers etl al. (2017) zum Einsatz von Kernvokabular in der UK-Förderung mit Kindern mit Downsyndrom zeigt vermehrte spontane Nutzung von Kernvokabular sowohl mit Gebärden als auch lautsprachlich (Evidenzlevel 3) ...

 

UK-Kontinuum

Für welche Personen- bzw. Zielgruppe sind die beschriebenen Interventionen geeignet?

Es wird angestrebt, vergleichbare Angaben zu den verschiedenen Interventionsideen zu machen. Dabei nutzen wir u.a. das UK-Kontinuum in Anlehnung an das Fähigkeitskontinuum von Dowden (1999). Das UK-Kontinuum bietet eine Orientierungshilfe zur Frage, welche Interventionsziele für welche Personengruppe denkbar sind (s. Abbildung, Sachse & Bernasconi, 2020, S. 204).
 

Einteilung nach dem UK-Kontinuum

  • Personen, die abhängig kommunizieren, sind noch maßgeblich abhängig von Bezugspersonen und vorbereiteten Situationen (Stichwörter: kleine Hilfen, ‚Kommunikationsanbahnung‘ bzw. besser: frühe Kommunikationsentwicklung), erstes Interesse an bestimmten Aktivitäten. 
  • Personen, die moderiert kommunizieren, können mit Unterstützung bestimmte Inhalte ausdrücken (Gebärden/ Symbole werden kombiniert). 
  • Personen, die frei kommunizieren, sind unabhängig von den Fähigkeiten von Gesprächspartner:innen; nahezu altersgerechter Austausch möglich.

Verschiedene Interventionsziele in der UK

Mit UK-Interventionen werden viele verschiedene Ziele verfolgt. Dazu gehören z.B.

  • Förderung der vier Bereiche der kommunikativen Kompetenz (siehe unten: GoalsGrid)
  • Förderung rezeptiver Fähigkeiten,
  • Förderung der Teilhabe
  • Förderung von Literacy-Fähigkeiten (z.B. aus dem Bereich Emergent literacy, konventioneller Schriftspracherwerb, kommunikatives Schreiben)

Es ist hilfreich, wenn bei den Interventionen beschrieben wird, welche dieser Ziele oder welche anderen Förder- bzw. Therapieziele angestrebt werden.

GoalsGrid - Zieleraster für UK-Interventionen

Das GoalsGrid basiert auf dem Fähigkeitskontinuum & den vier Bereichen kommunikativer Kompetenz.

Mehr zum GoalsGrid

  • Link zum GoalsGrid auf den Seiten von Tobii Dynavox
  • Artikel in der UK-Zeitschrift: Sachse, S.K. & Bernasconi, T. (2018). Gelingende Alltagskommunikation und Teilhabe durch systematische Förderung der kommunikativen Kompetenz. Unterstützte Kommunikation, 23 (3), 40-46.

Vorgehen nach dem ABC-Modell beschreiben

Das ABC-Modell beschreibt das Vorgehen beim Planen, Durchführen und Evaluieren konkreter UK-Interventionen. Die drei Phasen werden mit den Buchstaben ABC beschrieben:

A Aktivitäten beschreiben. Das ist der Ausgangspunkt der Interventionsplanung nach dem ABC-Modell.
B Bereiche kommunikativer Kompetenz beschreiben. Hier werden konkrete Ziele formuliert. Parallel werden Aufgaben der Bezugspersonen beschrieben. Diese werden im Anschluss im Alltag umgesetzt. Nach einem vereinbarten Zeitraum erfolgt die
C Kontrolle der Maßnahmen im Alltag (control). Jetzt wird die Interventionsplanung evaluiert, Förderideen weiterentwickelt und Interventionen weitergeführt (continue).

    Mehr zum ABC-Modell

    Einschätzung des Evidenzlevels

    Sind die Interventionen wirksam?

    Bei der Beschreibung von UK-Interventionen interessiert, ob es schon Erfahrungen oder Nachweise gibt, dass diese zur verbesserten Kommunikation führen. Man spricht auch von Wirksamkeitsnachweisen. Um einschätzen zu können, welche Nachweise vorliegen und wie die Qualität eingeschätzt wird, werden verschiedene Evidenzlevel unterschieden. Unterschiedliche Autor:innen und Institutionen nutzen unterschiedliche Einteilungen. Für die UK haben u.a. Wendt und Schlosser im Band 1 des UK-Kompendiums einen Vorschlag gemacht; für das UK-Kompendium schlagen wir folgende Level vor:

    Vereinfachte Evidenzlevel in der Unterstützten Kommunikation

    • Level 1: Höchste Evidenz bzw. sehr gute Nachweise, dass diese Interventionen wirken.
    • Level 2: Es gibt einige gute Studien, in denen die Wirksamkeit nachgewiesen werden konnte.
    • Level 3: Es gibt Hinweise, dass diese Interventionen funktionieren.
    • Level 4: Diese Interventionen wurden noch nicht in wissenschaftlichen Untersuchungen evaluiert, aber es gibt positive Erfahrungsberichte oder entsprechende Empfehlungen.

     

    Kompendium Unterstützte Kommunikation

    Band 1 | Erschienen im November 2019

    Das Kompendium Unterstützte Kommunikation bietet einen Überblick über zentrale Themen der Unterstützten Kommunikation. Neben theoretischen Grundpositionen werden die Bereiche Sprachentwicklung und UK, Diagnostik in der UK, Intervention und Teilhabe, Literacy (Schriftspracherwerb), Versorgungsstrukturen und Qualitätssicherung sowie Forschung und Evaluation auf Basis des aktuellen Forschungs- und Wissensstandes ausdifferenziert.